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Unfallkasse Rheinland-Pfalz | Detail

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Lüften in Schulen: Darum ist frische Luft so wichtig

Corona News – Schulen, Kitas & Hochschulen

Empfehlungen der Unfallkasse Rheinland-Pfalz

Unterrichtsräume in Schulen müssen nicht erst seit der Corona-Pandemie regelmäßig gelüftet werden.

Anlässlich des Schulbeginns nach den Sommerferien gibt die Unfallkasse Rheinland-Pfalz (UK RLP) Empfehlungen zum richtigen Lüften und erklärt, warum frische Luft so wichtig ist. Außerdem gibt sie konkrete Hinweise für das Lüften von Unterrichtsräumen, unterteilt in Kategorien und Informationen über die Möglichkeiten, die CO2-Konzentration in der Luft zu messen bzw. mittels einer App zu berechnen. 
 

Übertragungsrisiko von Sars-CoV-2 verringern  

Fachleute sehen in der richtigen Lüftung von Innenräumen ein wichtiges Instrument, um die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung von Sars-CoV-2 zu verringern. „Beim Lüften wird die verbrauchte Raumluft gegen frische Außenluft ausgetauscht. Mit dieser verbrauchten Luft werden auch potenziell infektiöse Partikel, Feinstaub, Ausdünstungen und Gerüche aus dem Klassenraum abgeführt“, erläutert Markus Schwan, bei der UK RLP Leiter des Referats Bildungseinrichtungen. Ebenso werde die Luftfeuchtigkeit im Gebäude abgesenkt – dadurch sinke die Gefahr von Schimmelbildung – z. B. an so genannten Kältebrücken. 

„Schließlich sorgt der Luftwechsel für ein waches und konzentriertes Arbeiten. Denn durch das Lüften wird der Anteil an Kohlendioxid (CO2) in der Raumluft vermindert“, so Schwan. CO2 entsteht bei der Atmung und reichert sich gerade in Klassenräumen während des Unterrichts durch die Schülerinnen und Schüler schnell in der Raumluft an. Eine erhöhte CO2-Konzentration macht sich durch eingeschränkte Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit bemerkbar, die Schülerinnen und Schüler werden zunehmend müder. 
 

CO2-Konzentration als Indikator zur Beurteilung der Raumluftqualität

Weiter weist Schwan darauf hin, dass die CO2-Konzentration als Indikator zur Beurteilung der Raumluftqualität und damit für das Lüftungsverhalten herangezogen werden kann. Der CO2-Gehalt in der Luft wird in der Maßeinheit „ppm“ (parts per million) angegeben. „Zur Einhaltung einer hygienisch unbedenklichen Innenraumluft ist ein gesundheitlich-hygienischer Leitwert von 1.000 ppm CO2 der Innenraumluft als Mittelwert über die Dauer einer Unterrichtsstunde einzuhalten“, erläutert der Präventionsfachmann weiter. Unterhalb dieses Wertes sei die Raumluftqualität akzeptabel. Doch ein Mittelwert von 1.000 und 2.000 ppm sei „hygienisch auffällig“. „In dem Fall ist das Lüftungsverhalten zu überprüfen und zu verbessern“, so Schwan. „Ab einem CO2-Gehalt in der Luft von 2000 ppm ist diese ´hygienisch inakzeptabel` und es muss dringend gelüftet werden“, so Schwan. 

Lesen Sie hierzu auch die Arbeitsstättenregel A 3.6 „Lüftung“:

Arbeitsstättenregel Lüftung


Aus mehreren Gründen sehen Fachleute in der richtigen Lüftung von Innenräumen ein wichtiges Instrument, um das Übertragungsrisiko von Sars-CoV-2 zu verringern:  Bei der Verbreitung von SARS-CoV-2 Viren spielen Tröpfchen und Aerosole eine wichtige Rolle. Dies gilt insbesondere für geschlossene Räume. Während größere Tröpfchen schneller zu Boden sinken, können die kleineren Aerosole – auch über längere Zeit – in der Luft schweben und sich in geschlossenen Räumen verteilen. Durch angemessenes Lüften werden die Aerosole aus dem Klassenraum abgeführt und die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung von Sars-CoV-2 sinkt. Darum wird auch im „Hygieneplan-Corona für die Schulen in Rheinland-Pfalz“ eine hohe Frischluftzufuhr als wirksame Methode angesehen, potenziell virushaltige Aerosole aus Innenräumen zu entfernen. Als Anhaltspunkt für ein angemessenes Lüftungsverhalten kann wiederum die CO2-Konzentration herangezogen werden.

Hierbei ist zu beachten, dass eine CO2-Konzentration kleiner 1000 ppm nicht grundsätzlich vor der Infektion mit SARS-CoV-2 schützt. Umgekehrt weisen aber CO2-Konzentrationen dauerhaft über 1000 ppm oder größer 2000 ppm in Unterrichtsräumen auf ein unzureichendes Lüftungsmanagement hin.

Sogenannte CO₂-Ampeln können bei der Einschätzung der Raumluftgüte helfen, indem sie die CO₂-Konzentration im Raum optisch und/oder akustisch anzeigen. Solange die Ampel auf Grün steht, ist die CO₂-Konzentration im Klassenraum niedrig und somit in Ordnung. Springt die Ampel auf Gelb, sollte gelüftet werden und bei roter Anzeige ist die CO₂-Konzentration hoch und es muss dringend gelüftet werden.
 

Digitale CO2-Rechner

Mit der App "CO2-Timer" lässt sich die zu erwartende CO2-Konzentration in Räumen berechnen. Der Rechner hilft auch dabei, die optimale Zeit und Frequenz zur Lüftung eines Raumes zu bestimmen. Nach der Berechnung kann die errechnete Zeit als Timer gesetzt werden, um an die nächste Lüftung erinnert zu werden.
 

Unterrichtsräume in drei Kategorien unterteilt

Analog zum Umweltbundesamt „Lüftung, Lüftungsanlagen und mobile Luftreiniger an Schulen“ lassen sich Unterrichtsräume aus innenraumhygienischer Sicht in drei Kategorien einteilen:

  1. Räume mit guter Lüftungsmöglichkeit (raumlufttechnische Anlage und/oder Fenster weit zu öffnen): Kategorie 1. 
  2. Räume mit eingeschränkter Lüftungsmöglichkeit (keine raumlufttechnische Anlage, nur einzelne Fenster weit zu öffnen bzw. Fenster nur kippbar):  Kategorie 2. 
  3. Nicht zu belüftende Räume: Kategorie 3.


Unterrichtsräume der Kategorie 1

Eine ausreichende Lüftung kann über Fensterlüftung oder mechanische Lüftungssysteme erfolgen. Der Einsatz von Luftreinigungsgeräten bzw. der Einbau einfach und rasch zu installierender Zu- und Abluftanlagen ist nicht notwendig.

Am gängigsten an Schulen ist die Fensterlüftung. Hierbei ist prinzipiell ein kurzzeitiges Lüften über gekippte Fenster weniger effektiv. Am wirksamsten ist die Stoßlüftung bzw. Querlüftung über weit geöffnete Fenster und nach Möglichkeit auch zusätzlich über die geöffnete Tür (sofern der Flur ebenfalls belüftet werden kann).

Die hierzu erforderlichen Lüftungsquerschnitte bzw. Anforderungen an die raumlufttechnischen Anlagen können der Arbeitsstättenregel A 3.6 „Lüftung“ entnommen werden. So ist beispielweise für eine Stoßlüftung mit einseitig angeordneten Fenstern eine Mindestöffnungsfläche der Lüftungsfenster von 1,05 m2/10m2 Raumfläche notwendig. Bei einer Raumgröße von 60 m2 wäre also eine Mindestöffnungsfläche der Lüftungsfenster von 6,3 m2 notwendig. Bei einer Fenstergröße von 1 m x 1,2 m wären zumindest 5 komplett zu öffnende Fenster und zusätzlich ein Kippfenster notwendig.

Empfehlung

  • Während des Unterrichtes alle 20 Minuten Stoß- bzw. Querlüften
  • Im Winter 3-5 Minuten, im Frühjahr / Herbst ca. 5 Minuten und im Sommer 10-20 Minuten Lüften
  • Stoßlüftung des Raumes in jeder Pause
  • Empfehlenswert ist zudem die Stoßlüftung der Räume vor Beginn des Unterrichtstages und nach Unterrichtsschluss

Alternativ kann der notwendige Luftwechsel auch über zentrale oder dezentrale mechanische Lüftungssysteme erfolgen. 

Zentrale Systeme versorgen mehrere Räume oder ganze Gebäude über Zuluftöffnungen mit Frischluft. Die verbrauchte Raumluft wird über Abluftöffnungen aus den Räumen geführt. 
Bei dezentralen Lüftungssystemen wird ein komplettes Lüftungsgerät direkt in den Klassenraum montiert, beispielsweise unterhalb eines Fensters. Der Planungsaufwand und der bauliche Aufwand sind geringer als bei zentralen Systemen. Die Steuerung kann individuell in jedem Klassenraum erfolgen.

Beide Systeme bieten im Gegensatz zur Fensterlüftung die Möglichkeit, die Zuluft zu filtern und kühlen bzw. anzuwärmen (z. B. mittels Wärmerückgewinnung). Auch die Abkühlung der Raumluft über die Nachtstunden ist möglich. Mechanische Lüftungssystemen ermöglichen auch eine ausreichende Raumlüftung, wenn Fenster z. B. aufgrund hoher Lärmbelastung im Außenbereich nicht geöffnet werden können.

Wichtig ist, dass raumlufttechnische Anlagen sachgerecht eingerichtet, betrieben und instandgehalten werden (Reinigung, Filterwechsel usw.)
Sind raumlufttechnische Anlagen in den Schulen vorhanden, sollten diese bei der derzeitigen Pandemie möglichst durchgehend laufen. Der Umluftbetrieb von zentralen Lüftungsanlagen sollte vermieden oder zumindest auf ein Minimum reduziert werden. Wichtig ist, dass raumlufttechnische Anlagen dem Raum einen ausreichend hohen Außenluftanteil zuführen, sodass die Anforderungen an die CO2-Konzentration der Raumluft gemäß ASR A3.6 eingehalten werden.
 

Welche Maßnahmen reduzieren die Unfallgefahr durch weit geöffnete Fenster?

Zum Lüften ist das Öffnen der Fenster meist unumgänglich. Gleichzeitig müssen Fenster so gestaltet sein, dass sie beim Öffnen und Schließen sowie in geöffnetem Zustand Schülerinnen und Schüler nicht gefährden. Die vollständige Lüftungsfunktion muss jedoch bei Bedarf hergestellt werden können.

Bei Neubau und Sanierung müssen Fenster, die zu öffnen sind und in den Raum hineinragen, bis 2 m Höhe grundsätzlich beidseitig aus bruchsicherer Verglasung ausgeführt werden, um das Verletzungsrisiko bei Anprall zu reduzieren. Auch dürfen die Rahmenprofile nicht scharfkantig (Radius ≥ 2 mm oder entsprechende Fase) ausgeführt werden. Es empfiehlt sich die Verwendung von Profilen mit deutlicher Rundung. Bei tiefen Fensterbänken ist alternativ auch die Aufteilung in mehrere schmale Lüftungsflügel denkbar, welche nicht über die abschirmende Fensterbank ragen. Ebenso können Lamellenfenster als sichere Variante zum Einsatz kommen.

Bei Fenstern im Bestand, welche nicht diese Anforderungen erfüllen, muss im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung überlegt werden, wie eine Gefährdung minimiert wird. Beispiele:

  • Bei Fenstern, welche zur Wand hin öffnen, ist während des Unterrichtes die Gefahr des Anstoßens gering und deren komplettes Öffnen möglich. 
  • Ebenso lässt sich das Anstoßen an scharfkantigen Rahmenprofilen durch Freihalten der Öffnungsbereiche der Fenster verhindern. Diese können z. B. auf dem Fußboden markiert werden und sind dann als Sitzbereiche tabu.
  • Werden die Fenster komplett geöffnet, sollte nur unter Aufsicht gelüftet werden, das heißt eine Lehrkraft ist im Raum. Zusätzlich in den Pausen, wenn alle Schülerinnen und Schüler die Räume verlassen haben.
     

Unterrichtsräume der Kategorie 2

In schlecht zu lüftenden Unterrichtsräumen muss der Luftaustausch erhöht werden. Hierzu können beispielweise Festverglasungen durch Lüftungsflügel ersetzt oder raumlufttechnische Anlagen installiert werden. Beachten Sie hierbei die Vorgaben der Arbeitsstättenregel A 3.6 „Lüftung“.

Alternativ kann der Luftaustausch auch durch den Einbau einfach und rasch zu installierender Zu- und Abluftanlagen erfolgen. Hierbei sind aber zumindest folgende Punkte zu beachten:

  • Der Sachkostenträger ist für die Sicherheit der Anlage verantwortlich, d.h. er muss dafür sorgen, dass selbige gewährleistet ist (Befestigung an der Decke, elektrische Sicherheit usw.). Zudem ist er für die Pflege und Wartung verantwortlich. Eine Montage durch sachkundige Personen (z. B. Handwerksfirmen) ist daher zu empfehlen.
  • Durch die Lüfter kann es zur Hintergrundgeräuschen kommen, welche die Konzentration bzw. die Sprachverständlichkeit und somit das Lernen beeinträchtigen. Orientierung bietet hier die Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A3.7 „Lärm“. Demnach sollten Hintergrundgeräusche den empfohlenen Höchstwert für Schalldruckpegel von 35 dB(A) für Klassenräume und Kindertagesstätten nicht überschreiten. Der maximale Beurteilungspegel von 55 dB(A) ist auf jeden Fall einzuhalten.
  • Zur Wirksamkeit der Anlagen kann keine allgemein gültige Aussage getroffen werden.

Um während der Dauer der Pandemie die Wahrscheinlichkeit indirekter Infektionen zu minimieren, ist alternativ der Einsatz mobiler Luftreiniger möglich. Hierbei sollten die Empfehlungen „Luftfilteranlagen in öffentlichen Gebäuden der Stadt Oldenburg - Eignung & Gefährdungsbeurteilung: Einschätzung und Empfehlungen des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)“ beachtet werden. Für einen wirkungsvollen Einsatz ist eine fachgerechte Positionierung und Betrieb erforderlich.

Luftreiniger können zwar einen Teil der Aerosole aus der Luft filtern oder die darin enthaltenen Viren inaktivieren. Sie können aber nicht die verbrauchte Raumluft erneuern. Eine ausreichende Lüftung bleibt weiter erforderlich. Die typischen Begleiterscheinungen des freien Lüftens, wie z. B. Abkühlung im Winter, werden durch Luftreiniger also nicht vermieden. Die Anschaffung von (dezentralen) Lüftungsgeräten für Schulgebäude stellt immer die zu bevorzugende Option dar.
 

Unterrichtsräume der Kategorie 3

Nicht zu lüftende Räume sind für den Schulunterricht ungeeignet. Der notwendige Austausch des ausgeatmeten Kohlendioxids kann nicht erfolgen. Schnell sind „hygienisch inakzeptable“ CO2-Werte erreicht, die Konzentration und damit einhergehend die Lernfähigkeit sinkt. Luftreiniger können dieses Problem nicht lösen.