
Verantwortung gesund meistern
Interims-Integrierte Leitstelle in Mainz geht Belastungen auf die Spur
Das Telefon steht in der Interims-Integrierten Leitstelle bei der Berufsfeuerwehr in Mainz eigentlich nie still. Schon das kann für manche belastend sein. Doch daneben bringt der Job in der Leitstelle noch viele andere Belastungen für die Beschäftigten mit sich. Um diese zu benennen und anzugehen, ist die „Gefährdungsbeurteilung Psychische Belastung“ da. Und genau die möchte die Leitstelle nun zum Wohle ihrer Mitarbeitenden angehen. Zur Unterstützung hat sie sich die Unfallkasse Rheinland-Pfalz (UK RLP) an ihre Seite geholt. „Wir möchten vorangehen“, bekräftigt Stefan Behrendt, als Abteilungsleiter Einsatzlenkung für die Leistelle zuständig. Langfristig soll das Pilotprojekt als Blaupause für andere Leitstellen in Rheinland-Pfalz dienen. „Hier werden wir tatkräftig unterstützen und gute Grundlagen schaffen“, verspricht Helin Dogan von der UK RLP.
Die ersten Schritte sind schon geschafft: Nach einer 24-Stunden-Hospitation in der Leitstelle, bei der die UK RLP erste Eindrücke von der Arbeit dort gesammelt hat, hat die mit der Aufgabe betraute Arbeitsgruppe (bestehend aus Abteilungsleiter, Wachleiter, Personalrat und Betriebsärztinnen) zusammen mit zwei Disponenten und einem Wachabteilungsführer einen Workshop bei der UK RLP absolviert, bei dem Gefährdungen und Ressourcen, vorhandene und notwendige Maßnahmen sowie erste Ideen thematisiert wurden.
Dass es in der Interims-Integrierte Leitstelle am Standort der Feuerwache 1 in Mainz-Bretzenheim hoch hergeht, liegt in der Natur der Sache. Schließlich ist sie die Führungseinrichtung und zentrale Alarmierungsstelle der Feuerwehren und der Katastrophenschutzeinheiten für ganz Rheinhessen. Will heißen: Wer aus den Landkreisen Bad-Kreuznach, Mainz-Bingen und Alzey-Worms sowie den kreisfreien Städten Mainz und Worms die Notrufnummer 112 wählt, wird automatisch mit ihr verbunden. „Aus einer Hand“ alarmiert die Integrierte Leitstelle gezielt und schnell die Einsatzkräfte, die bei Unglücksfällen am wirksamsten helfen können. Ein langwieriges Vermitteln zwischen den Notdiensten entfällt, so wird wertvolle Zeit gespart.
Allein die Daueraufmerksamkeit ist anstrengend
Im Mittelpunkt der Leitstelle stehen die Disponentinnen und Disponenten. Was sie tun, ist mit hoher Verantwortung verbunden: Sie nehmen die Notrufe und Alarmmeldungen entgegen und alarmieren gemäß den örtlichen Alarm- und Ausrückordnungen wahlweise die Einheiten der Feuerwehren oder des Katastrophenschutzes. Sie fragen Sachverhalte ab, ermitteln Prioritäten und treffen Entscheidungen. Mit den Feuerwehreinsatzzentralen in den Verbandsgemeinden unterstützen sie auch die Einsatzleiter bei ihrer Führungstätigkeit an der Einsatzstelle. Eine der anspruchsvollsten Aufgaben besteht darin, Menschen in Notsituationen oder mit Suizidabsicht telefonisch zu betreuen, bis Einsatzkräfte vor Ort sind und die Person in Sicherheit bringen.
Klar ist: Allein die Daueraufmerksamkeit ist anstrengend, zudem ist viel Multitasking gefordert. Vor allem aber können die Anrufe, die in der Leitstelle entgegengenommen werden, belastend sein – ob es sich nun um große Unfälle, Unwetterkatastrophen oder private Schicksalsschläge handelt. Vieles kann bei der psychischen Belastung zusammenkommen: Die große Verantwortung, der Stress, die Angst vor Fehlern oder die direkte Konfrontation mit menschlichem Leid bei gleichzeitig empfundener eigener Hilflosigkeit.
Workshop in Andernach sollen weitere Treffen folgen
Vieles fängt die „Feuerwehr-Familie“ auf – der Rückhalt unter den Beschäftigten und ihren Leitungen ist groß. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass in der Feuerwache insgesamt eine gute Arbeitsorganisation vorherrscht. Es sind alle notwendigen technischen Alarmierungssysteme und auch klare Regelungen vorhanden. Doch es geht noch mehr, darin waren sich die Beteiligten des ersten Workshops einig. Den Austausch empfanden die Mitarbeitenden der Leitstelle als bereichernd – sie haben richtig Lust bekommen, hier weiter anzusetzen und das Erarbeitete in der Praxis umzusetzen.
Da trifft es sich, dass dem ersten Aufschlag bei der UK RLP in Andernach im Laufe des Jahres weitere Treffen folgen werden. „Am Ende soll es eine gute Gefährdungsbeurteilung für die Leitstelle geben, mit Maßnahmen, die durch eine gute Gestaltung der Arbeitsbedingungen dabei helfen, die Gesundheit der Beschäftigten zu erhalten und zu fördern – insbesondere die psychische Gesundheit“, kündigt Helin Dogan an. Auch Stefan Behrendt blickt optimistisch in die Zukunft: „Die UK RLP ist genau der richtige Partner für uns: hochanerkannt bei der Feuerwehr und unabhängig“, lobt er. Mit der angewandten Methodik im Workshop sei genau das richtige Werkzeug gefunden worden.
Ein Tag in der Interims-Integrierten Leitstelle der Berufsfeuerwehr Mainz
Unsere Kollegin Sonja Wittmann, Arbeitspsychologin bei der UK RLP, hat einen 24-Stunden-Dienst in der Interims-Integrierten Leitstelle der Berufsfeuerwehr Mainz abgeleistet, um im Rahmen der Begleitung der Leitstelle bei deren „Gefährdungsbeurteilung Psychische Belastung“ erste Eindrücke von der dort geleisteten Arbeit zu gewinnen. Eine Reportage dazu finden Sie in unserem Magazin ampel digital.